Guten Kaffee trinken und dabei die Welt ein bisschen besser machen? Das wär’s doch, oder? Das haben sich auch die Initiatoren von The Pledge gedacht und haben einen Transparenzkodex ins Leben gerufen, dem sich Kaffeeröster und -importeure aus aller Welt angeschlossen haben. Die Unterzeichner dieses freiwilligen Versprechens verpflichten sich zu mehr Transparenz in der Supply Chain und einem faireren Umgang mit den Kaffeeproduzenten, von denen sie ihren Rohkaffee beziehen.
Kaffeefarmer sind neben den Erntehelfern das erste, oft aber auch das schwächste Glied in der Produktionskette, die uns unsere tägliche Koffeindosis sichert. Sie sind die Hauptverantwortlichen dafür, dass der Kaffee, den wir trinken, aromatisch und hochwertig ist. Was die Massenindustrie nicht zu schätzen weiß, stößt im Spezialitätensektor mehr und mehr auf breiteres Bewusstsein. Unabhängige Röster und Kaffeeimporteure möchten Kaffeefarmern die Anerkennung zukommen lassen, die ihnen gebührt. The Pledge ist Ausdruck und Quintessenz dieser Wertschätzung.
Welcher Arbeiter hat wieviel Kaffee geerntet? Wie hoch ist die Vergütung pro Kilogramm? Wieviel zahlt der Käufer? Vor allem die letzten zwei Fragen sind für die Kaffeebauern und Erntehelfer die wichtigsten.
Aufgrund der vorherrschenden Strukturen auf dem globalen Kaffeemarkt werden viele Kaffeebauern nicht angemessen für ihre Arbeit entlohnt. Natürlich kann eine faire Bezahlung für Rohkaffee nur ein Baustein eines wertschätzenderen Umgangs mit Kaffeebauern sein. Stetige Qualitätsverbesserung, sozial und ökologisch verträgliche Mitwirkung gehören ebenso dazu. Diese werden jedoch durch eine gerechtere Bezahlung leichter zugänglich und umsetzbar. Eine transparente Darstellung des in den Kreislauf zurückfließenden Geldes ist also ein effektiver Ausgangspunkt.
Der Eckpfeiler von The Pledge
Unter The Pledge schließen sich Kaffeeschaffende aus der ganzen Welt zusammen und verpflichten sich dazu, das Kaffeebusiness im Rahmen ihrer Möglichkeiten transparenter und gerechter zu gestalten. The Pledge bedeutet für viele Kaffeeröster also auch einen Schritt weg vom reinen Profitdenken und hin zu einem gerechteren Miteinander.
Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit, aber vor allen Dingen Transparenz sind die wichtigsten Elemente, auf denen die Idee von The Pledge fußt – wobei Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit sich aus einem transparenteren Ansatz beinahe zwangsläufig von alleine ergeben.
Wer das Transparenzversprechen gibt, setzt sich für einen nachhaltigen Kaffeeimport ein, der es den Kaffeeproduzenten ermöglicht, von ihrer Arbeit leben zu können. Denn nur dann sind sie auch bereit und bemüht, weiterhin Geld in ihre Kaffeefarmen und -plantagen, in die Qualitätsverbesserung ihrer Kaffeesorten und umweltverträgliche Anbaumethoden zu investieren. The Pledge nutzt Vorgaben zur Transparenz entlang der Lieferkette, um die Spreu vom Weizen zu trennen.
Allzu häufig werden Schlagworte wie Nachhaltigkeit, biologischer Anbau und Fair Trade als Marketinginstrument gebraucht, mit dem die Konsumenten ihr Gewissen beruhigen können. Wer sich The Pledge verschreibt, setzt sich aktiv dafür ein, dass Werbebotschaften nicht nur hohle Phrasen sind, sondern von harten Fakten und trockenen Zahlen untermauert werden.
Geringe Einkünfte durch den Kaffeeverkauf zwingen den Kaffeebauer, an den Ausgaben zu sparen: Den Erntehelfern. Bei schlechter Bezahlung achten diese nicht auf die Qualität der Ernte, sondern auf die Quantität. Reife und unreife Früchte werden hastig geerntet, Früchte fallen zu Boden. Diese am Boden liegenden Früchte ziehen Schädlinge an.
»Broca«-Befall von Kaffeefrüchten. Die kleinen Insekten fressen die Kaffeebohne von Innen auf. Beim Broca-Befall wird ein Pilz gesprüht, der die Ausbreitung des Schädlings stoppt. Ein großer Teil der Ernte ist zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits verloren. Es muss bei der nächsten Ernte also noch mehr gespart werden.
Mit den Preisen, zu denen Kaffee derzeit global gehandelt wird, kommt der Kaffeebauer aus diesem Teufelskreis nur schwer heraus.
Wie funktioniert The Pledge genau?
Anders als Fair Trade, Bio-Anbau und Zertifikate dieser Art, vergibt The Pledge keine schicken Siegel, Etiketten und Embleme. Für die Endverbraucher heißt das, dass sie Kaffee, der unter den transparenten Voraussetzungen angebaut und importiert wurde, nicht am Packungsdesign erkennen können. Stattdessen müssen sie sich bei transparency.coffee – dem Aktionsbündnis, das hinter The Pledge steht – direkt informieren. Dort werden nämlich alle teilnehmenden Röstereien, Kaffeehäuser und Kaffee-Shops aufgeführt, die sich der Einhaltung einer transparenten Lieferkette beim Kaffeeimport verschrieben haben.
Wer sich als Unterzeichner des Versprechens für mehr Transparenz, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit im Kaffeeanbau einsetzt, muss einige bestimmte Kriterien erfüllen. Über den Kaffee, der als transparent gehandelt gelten soll, müssen eine Vielzahl von Informationen öffentlich zugänglich und einsehbar gemacht werden. Dazu zählt etwa der Name des Kaffeebauers oder dessen Farm, von dem der Rohkaffee erworben wurde; der FOB-Preis (Free on Board Preis) für den Kaffee, den der Käufer dem Verkäufer abzüglich Frachtkosten, Exportgebühren, usw., die er alle zusätzlich separat übernimmt, bezahlt; die Kaffeequalität gemäß SCA-Standards; die erworbene Menge Rohkaffee; die Dauer der Geschäftsbeziehung zwischen Produzent und Importeur; den Anteil transparent eingeführten Rohkaffees im Verhältnis zum im laufenden Jahr insgesamt verkauften Kaffee.
Um als offizieller Unterstützer von The Pledge zu gelten, müssen diese Informationen für mindestens eine Kaffeesorte, die eine Rösterei vertreibt, auf deren Internetpräsenz zugänglich gemacht und laufend aktualisiert werden.
Andere Angaben, wie der Ab-Hof-Preis, der bei direkt gehandelten Kaffees bezahlt wird, können von den teilnehmenden Röstereien freiwillig (zusätzlich) veröffentlicht werden. Auch muss transparent gehandelter Kaffee nicht zwingend durch Direktimport erworben worden sein. Begrüßenswert ist es von Seiten der Initiatoren von The Pledge aber allemal. Nicht wenige Unterzeichner dieser Transparenzvereinbarung erfüllen weit mehr als den vorgegebenen Mindeststandard.
Planungssicherheit durch faire Kaffeepreise ist einer der wichtigsten Faktoren für Kaffeebauern, um die Qualität des Kaffees gewährleisten zu können.
»Transparenz alleine…
… hilft natürlich nicht weiter, und der FOB alleine zeigt uns auch noch nicht, ob die Farmer oder ihre eventuellen Erntehelfer korrekt bezahlt werden. Uns ist es wichtig, dass wir selber wissen, dass unser Kaffee nachhaltig angebaut wird. Daher ist es für uns selbstverständlich, auch einen Mindestpreis zu garantieren, der einerseits die Produktionskosten für hochwertigen Spezialitätenkaffee sicher deckt und andererseits hoch genug ist, um unsere Partnerproduzenten zu motivieren, weiterhin in ihre Cafetales zu investieren, dazuzulernen und für uns immer hochwertigeren Kaffee anzubauen. Die nächsten Schritte für die »The Pledge« Röstereien sollten daher unserer Meinung nach die Definition von nachhaltigen Preismodellen und das Kennenlernen der jeweiligen Produktionskosten der Bauern sein. Dann können wir auch individuell mit dem Veröffentlichen von Farmgatepreisen arbeiten. Bei uns selber kommt auch noch dazu, dass wir den Kaffee bereits ein halbes Jahr vor der Lieferung mit 60% zinslos vorfinanzieren.«
–Pingo, Quijote Kaffee
The Pledge als Kaffeetrinker unterstützen
Man muss nicht zwangsläufig Kaffeeimporteur oder Röster sein, um die Transparenzinitiative The Pledge zu unterstützen. Dazu reicht es, sich als Supporter über die Homepage von transparency.coffee einzutragen. Auf diese Weise erhält die Mission zu mehr Transparenz am Kaffeemarkt ein Gesicht. Lieferkettentransparenz kann nämlich auch ein sehr wichtiges Instrument für Verbraucher sein, indem es – Unternehmen und anderen Konsumenten gleichermaßen – signalisiert, dass Bedarf an nachvollziehbaren und fairen Anbaubedingungen besteht. Wer mit seinem Namen und Gesicht für mehr Transparenz im Kaffee-Business einsteht, kann auch andere dazu motivieren ihren Kaffee bewusster zu kaufen. Und so an der Veränderung mitarbeiten, die sich The Pledge zum Ziel gesetzt hat.
Warum mehr Transparenz im Kaffee-Business wichtig ist
Mehr Transparenz beim Kaffeeimport stellt ein wichtiges Gegengewicht zu den Börsengeschäften mit Rohkaffee dar. Klar ist die Bewegung noch lange nicht groß genug, um den Druck auf die internationalen Großkonzerne im Kaffeehandel zu erhöhen. Sie stellt aber einen wichtigen Anfang dar und bietet vor allem kleineren, privaten Röstereien eine Alternative zum ausbeuterischen Preissystem, das die Kaffeegroßindustrie Farmern und Endverbrauchern aufoktroyiert hat.
Als vor 40 Jahren Fair Trade ins Leben gerufen wurde, waren damit produktübergreifend große Hoffnungen verbunden, das ökonomische Ungleichgewicht etwas abzufedern. Doch obwohl Fair-Trade-Produkte zunehmend auch im Supermarkt erhältlich und so einer immer größer werdenden Käufergruppe zugänglich sind, hat die Initiative noch nicht den gewünschten oder erhofften Effekt auf die ungerechten Machtverhältnisse im internationalen Handel gehabt. Mit transparenteren Preisen, wie The Pledge sie einfordert, könnte das Bewusstsein der Konsumenten für Unverhältnismäßigkeiten in der Lieferkette zusätzlich geschärft werden. Denn am Ende sind es immer die Verbraucher, die es in der Hand haben, durch ihre Nachfrage, Veränderungen herbeizuführen.
Transparent importierter Kaffee gibt nicht nur den Röstern die Sicherheit, dass die Bohnen unverfälscht sind, ehrlich erworben wurden und mit ihren Philosophien und Standards verträglich sind…
»Für uns selber ist es sehr wichtig zu wissen, …
… wie genau der von uns geröstete Kaffee gehandelt ist. Daher machen wir auch wirklich jeden Schritt beim Kontakt zu den Farmern, den Verhandlungen, der Finanzierung und dem Import selber. Wir haben ein klares Nachhaltigkeitsprofil für unsere Rösterei und durch den direkten Handel können wir auch selber sicher sein, dass alles stimmt.«
–Pingo, Quijote Kaffee
… sondern auch den Verbrauchern. Diese möchten nämlich zunehmend genauer wissen, wofür sie ihr Geld ausgeben und möchten es in authentische, hochqualitative, sichere Produkte investieren, die ihren Idealen entsprechen. Sie nehmen die unternehmerischen Versprechen ernst und erwarten, dass ihr Vertrauen nicht enttäuscht wird.
Transparente Lieferketten, die auf akkuraten Echtzeitdaten basieren, verbessern die Abläufe und reduzieren die Wahrscheinlichkeit von Störungen und Qualitätsproblemen. Beim Verbraucher weckt die erhöhte Transparenz mehr Vertrauen in den Kaffee, sowie in die Rösterei oder den Coffeeshop, der ihn anbietet, wodurch die Kundenloyalität gestärkt wird.
Einblick in die Handelskette ermöglicht es Importeuren, Probleme und Risiken früher erkennen und entsprechend schnell darauf reagieren zu können. Man denke etwa an Lieferengpässe durch Missernten, Streiks oder Inflationen. So bedeutet eine höhere Transparenz nicht nur geringeres Risiko, sondern auch mehr Effizienz. Genauere Daten und Informationen sorgen dafür, dass alle an der Handelskette beteiligten Personen – vom Kaffeefarmer bis zum Kaffeetrinker – sich den Konditionen der Lieferkette bewusst sind. In der Folge erhöht die transparente Bereitstellung der Informationen zum Erwerb und Import des Kaffees das Vertrauen bei der Kundschaft und anderen Handelspartnern. Und auf einer guten Datengrundlage, klarer Darstellung von Kompetenzen und Verantwortungsbereichen lässt sich nicht zuletzt auch die Beziehung zwischen den Handelspartnern und die Kooperationsfähigkeit beider Parteien nachhaltig optimieren.
»Um die Nachhaltigkeit unserer Handelsbeziehungen bewerten zu können, …
… benötigen wir diese Daten sowieso. Bei Röstereien mit hohem Anspruch an ihre eigene Arbeit sind die Daten ein gutes Hilfsmittel für die Planung und belegen außerdem zumeist eine hohe Qualität auch nach außen hin. Wir freuen uns jedes Mal, wenn sich unsere Kunden auch dafür interessieren, wie genau wir denn handeln. Das immer häufigere „Wieviel genau bekommen denn die Bauern?“ ist daher auch meine Lieblingsfrage.«
–Pingo, Quijote Kaffee
Wer also Wert darauf legt zu wissen, was in seiner Kaffeetasse eigentlich drin ist, kann mit transparent – und im Idealfall direkt – gehandeltem Kaffee einen unmittelbaren Beitrag dazu leisten, dass am Ende alle von einer guten Tassen Kaffee profitieren.
Das folgende Bild zeigt die Kaffeefarm meines Kaffee-amigos Carlos. Ich habe ihn am Ende meiner letzten Kolumbienreise erneut auf eine Tasse Kaffee besucht. Carlos konnte den Teufelskreis durchbrechen – dank fairen Preisen beim Kaffeeverkauf: Mit den Einkünften kann er in seine Farm investieren und seine Farmarbeiter fair bezahlen. Und erreicht damit einen erstklassigen Spezialitätenkaffee.